Donnerstag, 23. Oktober 2008

Die Würde des Menschen ist undurchleuchtbar

Dass alle Tabus und alle Hüllen fallen, dass Passagiere auf Flughäfen elektronisch entkleidet und bis auf die Haut durchleuchtet werden, das hätte sich selbst der Überwachungspoet George Orwell in seinen kühnsten Phantasien nicht ausgemalt. Mit den "Nacktscannern" erreicht der moderne Überwachungsstaat eine neue Dimension. Datenschützer und Bürgerrechtler gehen auf die Barrikaden, doch die EU-Kommission hat mit der neuen Technik kein Problem: Die Durchleuchtungsmaschine sei technisch einwandfrei - und der Striptease am Flughafen "freiwillig", heißt es.

In Wahrheit hat der Bürger kaum noch eine Chance, sich der Überwachungsapparatur zu entziehen. Freiwillig und unbemerkt lassen wir unsere Konten vom Finanzamt durchleuchten, unsere Telefondaten speichern, unsere Handys orten. Wer am öffentlichen Leben teilnehmen will, kann sich der täglichen Zwangsdurchleuchtung nicht entziehen. Das beginnt morgens am Bahnhof und endet abends am Geldautomaten. Die Erfahrung lehrt, dass jede verfügbare Technik auch zum Einsatz kommt - also auch die Scanner an Flughäfen. Die Väter unserer Verfassung konnten nicht ahnen, zu welchen Exzessen die Angst vor Terroranschlägen führen würde. Sonst hätten sie den ersten Artikel des Grundgesetzes gewiss ergänzt: Die Würde des Menschen ist unantastbar - und undurchleuchtbar.

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